16. September bis 01. Oktober 2006
Die "Street Photography" ist eine Gattung der Fotografie, die mit den ersten Experimenten dieses Mediums überhaupt einherging. Louis-Jacques-Mandé Daguerre (1787-1851) fotografierte, bzw. daguerreotypierte, das wahrscheinlich erste Bild einer Straße und somit eine erste Stadtansicht. Die Fotografie "Vue sur le Boulevard du Temple" entstand 1838/39 und wurde aus einem Fenster heraus aufgenommen. Auf der ersten Fassung dieses Fotos ist kein Mensch zu sehen, das Foto zeigt einen menschenleeren Boulevard. Den ersten Kameras war es nicht möglich auch nur die geringste Bewegung scharf abzulichten. So waren die ersten Fotografien zumeist bis ins letzte Detail inszeniert oder bildeten leblose Dinge ab. William Henry Fox Talbot (1800-1877), der sich 1843 auf einer Reise durch Frankreich der dokumentarischen Fotografie von Kathedralen widmete, warnte sogar davor, ein Bild uninszeniert und ohne künstlerisches Arrangement entstehen zu lassen: "If we proceed to the city, and attempt to take a picture of the moving multitude, we fail." Die Fotografen mussten sich also in den Anfängen der Fotografie aus technischem Grund für ein bestimmtes Motiv entscheiden: die Straße oder den Menschen. Der französische Fotograf Eugène Atget (1857-1927) erfasste Häuser- und Straßenzüge im Paris der Jahrhundertwende zumeist und bewusst menschenleer - diese architektonische Kulisse sollte genauso viel über ihre Bewohner aussagen, wie später die Fotografien eines Walker Evans (1903-1975) oder Robert Franks (*1924). Eugène Atget nannte seine Arbeiten "documents", eine Formulierung die seine Fotografien in einen eindeutigen Bezug zur Wirklichkeit in Form einer Dokumentation und Bestandsaufnahme setzen - dieser Bezug wird immer wieder und in besonderem Maße in der Fotografie von Stadt neu diskutiert. Die Entwicklung der Stadtfotografie brachte verschiedene Meinungen und künstlerische Verfahren hervor, mit denen Fotografen versuchten, ein Bild von Stadt entstehen zu lassen. Die Fotografie des entscheidenden Augenblicks eines Henri-Cartier Bresson (1908-2004), die sämtliche mögliche Bilder in sich birgt, und die Serie von Snapshots eines Robert Franks, deren einzelne Fotografien immer nur ein Ausschnitt des Ganzen sein können, existierten so als Philosophien der "Street-Photography" nebeneinander.
Der urbane Raum hat einen sich immer wieder selbst am Leben erhaltenden Mechanismus, der ihn stets als Sujet attraktiv macht: Seine Eigenschaft, der jeweiligen Zeit ihren Ausdruck zu verleihen, macht ihn zu einem Spiegelbild der Gesellschaft. So bleibt das Motiv der Stadt in der zeitgenössischen Fotografie bis heute Thema intensiver künstlerischer Auseinandersetzung - der lebendige Organismus Stadt längst Gegenstand musealer Arbeit. Der EMPRISE Art Award in Kooperation mit dem STADTMUSEUM bietet aktuell einen Einblick in die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Stadt und knüpft damit an den Sammlungsschwerpunkt der Fotografie des STADTMUSEUMS an. Die eingereichten Arbeiten sind in ihrer Herangehensweise, ihrem Konzept und ihrer formalen Gestaltung genauso facettenreich und verschieden, wie es die Tradition der Stadtfotografie ist. Biografisch oder dokumentarisch, inszeniert oder komponiert, politisch oder privat. Die Stadt ist dynamisch, vielschichtig und wirklich. Darin liegt der Reiz, sie als eigenständiges Sujet wahrzunehmen und immer wieder zu hinterfragen.
Die teilnehmenden Fotografen und Fotografinnen:
- Rabea Eipperle (Berlin),
- Katja Eydel (Berlin),
- Annette Frick (Berlin),
- Owen Gump (Leipzig),
- Oliver Helbig (Berlin),
- Steffen Junghans (Leipzig),
- Stefan Koppelkamm (Berlin),
- Mirko Martin (z.Zt. Los Angeles),
- Ines Meier (Berlin),
- Hartmut Nägele (Düsseldorf),
- Thomas Neumann (Düsseldorf),
- Anne Pöhlmann (Düsseldorf),
- Adrian Sauer (Leipzig),
- Christian von Steffelin (Berlin),
- Max Regenberg (Köln)
Die Mentoren waren:
- Prof. Dr. Beatrice von Bismarck, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig
- Jesko Fezer, Pro qm, Berlin
- Rita Kersting, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf
- Prof. Dr. Barbara Lange, Kunsthistorisches Institut der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
- Prof. Dr. Katharina Sykora, Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig
Die Juroren waren:
- Dr. Barbara Steiner, Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig
- Jean-Hubert Martin, museum kunst palast, Düsseldorf
- Prof. Thomas Ruff, Düsseldorf
- Joachim Regenbogen, EMPRISE Consulting Düsseldorf
- Karl-Heinz Theisen, Düsseldorf
- Dr. Susanne Anna, STADTMUSEUM
Die Arbeiten sind vom 16.09.-01.10.2006 im STADTMUSEUM und vom 4.10.-13.10.2006 in den Räumen der Emprise Consulting Düsseldorf zu sehen.
Preisträgerin ist Annette Frick.