Die Ausstellung "Überschreitungen. Das Wechselspiel von Wirtschaft und Kunst im 19. Jahrhundert" geht der These nach, dass das erfolgreiche Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Kultur in Düsseldorf im 19. Jahrhundert entwickelt wurde. Während Verflechtungen innerhalb der Wirtschaft geläufig sind, werden vergleichbare Strukturen innerhalb der Kulturszene zugunsten eines auf die Ausnahmepersönlichkeit setzenden Künstlerbegriffs gerne heruntergespielt. Mitglieder beider Gruppen standen im 19. Jahrhundert vor einem vergleichbaren Ziel: der gesellschaftlichen Anerkennung in einer Stadt, in die sie zugezogen waren.
1801 endete die Besetzung Düsseldorfs durch französische Truppen. Eine Klausel des Vertrags von Lunéville legte die Schleifung der Festungsanlagen fest und öffnete den Weg für Stadterweiterungen. Der erste Schritt der Entfestung führte zu Renovierung und Erweiterung des Hofgartens durch Maximilian Friedrich Weyhe und legte den Grundstock für die Selbstwahrnehmung Düsseldorfs als Gartenstadt. Im Zuge dieser Arbeiten wurden auch die heutige Königsallee und Heinrich-Heine-Allee angelegt. Der Ausgestaltung des Stadtbildes stand ein Desinteresse der Landesherrn an den wirtschaftlichen Interessen des Bergischen Landes entgegen. Aus diesem Grunde bestanden bergischen Fabrikanten auf einer Leistungsschau anläßlich des Besuchs Napoleons in Düsseldorf 1811. Der Kaiser zeigte sich beeindruckt, kam dem Wunsch nach Unterstützung der bergischen Wirtschaft jedoch nicht nach.
Mit Verzögerung entdeckte und aktivierte Düsseldorf sein Potential als wirtschaftlicher Standort. Düsseldorf galt und sah sich als Beamtenstadt. Der Kreis, dem am Auf- und Ausbau des Gewerbes gelegen war, hatte zunächst zu wenig Einfluß, obwohl 1816 eine weitere Ausstellung stattfand und die "Erste Ausstellung von Industrie-Erzeugnissen des Regierungsbezirks Düsseldorf" im Jahr 1837 Erfolg verzeichnen konnte.
Der Verlust der Gemäldegalerie (1805) hatte zum Niedergang des Kunstbetriebs in Düsseldorf geführt. Mit der Neugründung der Akademie 1819 und der Berufung von Peter Cornelius (1821) und Wilhelm Schadow (1826) auf den Direktorenposten erreichte Düsseldorf zunächst wieder Anschluss an die internationale Kunst und später eine Vorreiterstellung. Zwei Jahre nach Amtsantritt präsentierte Schadow 1828 in einer Ausstellung die Arbeit der Akademie. Noch im selben Jahr bemühte er sich um die Gründung eines Kunstvereins. 1829 wurde der "Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen" ins Leben gerufen, der unter anderem jährliche Ausstellungen veranstaltete. Als Gegenpol zu dieser einflußreichen Institution gründete sich 1844 der "Verein der Düsseldorfer Künstler zu gegenseitiger Unterstützung und Hilfe". 1848 trat als dritter Verein der "Künstler-Verein Malkasten" hinzu, der das gesellige Beisammensein von Künstlern und potentiellen Käufern pflegte.
1850 erwuchs dem Kunstverein eine ernstzunehmende wirtschaftliche Konkurrenz, als der Kunsthändler Eduard Schulte seine "Permanente Kunstausstellung" eröffnete. Nun konnten Interessenten das ganze Jahr hindurch und nicht nur während einer zeitlich begrenzten Ausstellung Gemälde ansehen und kaufen.
1852 wurde die "Erste Provinzial-Gewerbe-Ausstellung für Rheinland und Westfalen" gezeigt. Die Ausstellung reagierte auf die Londoner Weltausstellung im Vorjahr und fand großen Zuspruch. Zeitgleich präsentierte der Kunstverein seine jährliche Ausstellung. Es kam zum ersten Male zu einer Annäherung von Gewerbe- und Kunst-Ausstellung, ein Vorgehen, das später konsequent weiter verfolgt wurde.
Angeregt durch die Ausstellung und den Standort Düsseldorf siedelten sich ab 1852 belgische Firmen an. 1855 kam der Bergbauunternehmer William Thomas Mulvany mit seiner Familie nach Düsseldorf, dessen berufliche Interessen im Ruhrgebiet lagen. Im Falle Mulvany sind Industrie und Kunst besonders eng verknüpft, er stammte selbst aus einer Künstlerfamilie. 1860 verlegte die Familie Poensgen ihre ersten Werke aus der Eifel nach Düsseldorf, 1864 gründete Ferdinand Heye die Glashütte in Gerresheim,1866 Ernst Schieß seine Werkzeugmaschinenfabrik in Oberbilk, 1874 erfolgte die Gründung der Maschinenfabrik "Haniel & Lueg" durch Ludwig und Franz Haniel und Heinrich Lueg.
Heinrich Lueg und der Bankier Christian Trinkaus waren maßgeblich an der "Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke in Verbindung mit einer Allgemeinen Deutschen Kunst-Ausstellung und einer Ausstellung kunstgewerblicher Alterthümer in Düsseldorf 1880" im Gelände des Zoologischen Gartens beteiligt. Die Ausstellung, die erfolgreich die Interessen von Wirtschaft und Kunst zusammenführte, war zugleich die Basis für ein noch größeres Unternehmen, die "Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer Deutschnationalen Kunstausstellung Düsseldorf 1902", die der Düsseldorfer Künstlerschaft den Kunstpalast als Ausstellungsgebäude einbrachte und die Gründung des "Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen".
Die Kunst- und Industrie-Ausstellungen des 19. Jahrhunderts bildeten den Grundstock für das heutige Messewesen und machten Düsseldorf international bekannt.
In der Ausstellung werden stellvertretend für die Epoche u.a. die Firmen und Personen vorgestellt:
- F. G. Conzen
- Brauerei im Füchschen
- Maschinenfabrik Haniel & Lueg
- William Thomas Mulvany, irischer Bergbauunternehmer(1806 - 1885)
- I.P. Piedboeuf & Co. Stahlwerke Eller
- Familie Poensgen Oberbilker Stahlwerke AG
- (gemeinsam mit Familie Piedboeuf)
- und Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke AG
- Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik
- H. Schmincke & Co.
- Bankhaus C.G. Trinkaus