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Kultur

Hetjens - Deutsches Keramikmuseum

Russische Brautschätze und Wintermärchen

Das Hetjens präsentiert vom 1. Dezember bis 2. April 2017 russisches Porzellan/Besucher können vom 1. Dezember bis 6. Januar 2017 zudem einen Weihnachtstisch entdecken


Erstellt:
Redaktion: Meissner, Valentina

Im 19. Jahrhundert waren die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland sehr eng. Einige Zarentöchter heirateten die Erben deutscher Fürstenhäuser. Zu den millionenschweren Mitgiften gehörte neben den baren Silberrubeln stets auch prachtvolles Porzellan aus der Kaiserlichen Manufaktur St. Petersburg. Auf hundert oder mehr Gedecke ausgelegt, umfassten diese Service nicht weniger als tausend Einzelteile. Erstaunlich wenig ist aufgrund von Vererbung und Verkauf in den deutschen Residenzen heute erhalten. Das Hetjens - Deutsches Keramikmuseum präsentiert nun eine Auswahl solcher Porzellanschätze vom 1. Dezember bis zum 2. April 2017 unter dem Titel "Russische Brautschätze. Das Porzellan der Großfürstinnen".

Die Brautschätze erfüllten insbesondere die diplomatische Funktion, einen überwältigenden Eindruck von der Pracht und dem Repräsentationsanspruch des russischen Zarenhofes in der neuen Heimat seiner Besitzerin zu vermitteln. Zugleich sollte auch deutlich werden, auf welch hohem Niveau sich die Angewandte Kunst in Russland befand.

Helena und Maria Pawlowna, Töchter Zar Pauls I., brachten kaiserlichen Glanz in die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Sachsen-Weimar-Eisenach. Ihre Porzellan-Service gehen in der Form auf das sogenannte Kabinettservice zurück, das bereits ihre Großmutter Katharina II. in Auftrag gegeben hatte. Hier treffen die strengen Formen des Klassizismus auf raffiniert verspielte Rosenmalerei und italienische Landschaften. Die kunstsinnige Maria Pawlowna, die Goethe als "eine der besten und bedeutendsten Frauen unserer Zeit" bezeichnete, brachte überdies monumentale Vasen mit Bildmotiven aus der Eremitage an den Weimarer Musenhof.

Das beinahe ein halbes Jahrhundert später entstandene Porzellan für die Schwestern Olga und Alexandra Nikolajewna ist hingegen im Stil des Zweiten Rokoko gestaltet. Während die Mitgift der Großfürstin Olga, der späteren Königin von Württemberg, heute nahezu in der gesamten Welt verstreut ist, blieb der Brautschatz Alexandras fast vollständig im Hause Hessen erhalten. Die Verbindung zwischen Alexandra und Friedrich Wilhelm von Hessen war eine Liebesheirat. Zudem war der Bräutigam Anwärter auf den dänischen Thron und damit auch politisch ein äußerst attraktiver Partner für die russische Kaisertochter. Doch Alexandra kam nie in den Genuss, ihren märchenhaften Besitz jemals in Gebrauch zu nehmen. Denn sie starb nicht mal ein Jahr nach der Hochzeit bei der Geburt des ersten Kindes. Ihr Brautschatz blieb im Besitz Friedrich Wilhelms von Hessen, der die Kisten über Jahre nicht anrühren ließ.

Neben einem Tafelservice in Sèvres-Blau mit dem russischen Doppeladler und dem kyrillischen Monogramm Alexandra Nikolajewnas bilden die Teller des Dessert-Services eine Besonderheit. Um die Braut an ihre russische Heimat zu erinnern, sind die Spiegel der Teller mit Motiven nach Gemälden aus der Eremitage sowie mit russischen Trachten und Ansichten der kaiserlichen Paläste bemalt. Zugleich erzählen die Brautschätze der russischen Großfürstinnen auch vom persönlichen Schicksal ihrer Besitzerinnen und verdeutlichen, welche hochpolitische Bedeutung dem Porzellan bis in die Moderne zukam.

Weihnachtstisch im Hetjens

Passend zur bevorstehenden Weihnachtszeit präsentiert das Hetjens zudem vom 1. Dezember bis zum 6. Januar 2017 den Tisch des Monats unter dem Titel "Russisches Wintermärchen": Zarewitsch und Zarewna, Tschudo-Judo und Baba-Jaga, die böse Hexe - fremdartig und doch vertraut sind die Gestalten der russischen Märchenwelt. Der in Paris lebende russische Künstler Boris Wassiljewitsch Sworykin (1872–1942) übersetzte einige der schönsten Zaubermärchen ins Französische und illustrierte sie mit farbenprächtigen Malereien. Ende der 1970er-Jahre entdeckte Jacqueline Kennedy Onassis die Bilder und brachte die Märchen unter dem Titel The Firebird and other Russian Fairy Tales in einem Sammelband heraus, zu dem sie auch das Vorwort schrieb. Die Porzellanfabrik Villeroy & Boch verwendete zwölf Motive Sworykins für eine Serie russischer Märchenteller. Für die aufwendige Produktion wurden die Bilder in 28 Einzelfarben zerlegt. Um eine exakte Trennung der Farben zu erzielen, konnte pro Tag nur eine Farbe aufgetragen werden. Die Teller bilden nun den Ausgangspunkt des Weihnachtstischs im Hetjens – Deutsches Keramikmuseum. In einer Inszenierung, die ganz durch die kaiserlichen Farben Kobaltblau und Gold dominiert ist, verbreitet der Tisch vorweihnachtlichen Glanz.

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