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Kultur

Literatur auf der "schwarzen Liste": Düsseldorfer Persönlichkeiten erinnern an die Bücherverbrennung vor 90 Jahren

Bürgerinnen und Bürger besuchten die Lesung in der Rotunde der Tonhalle


Erstellt:
Redaktion: Hirsch, Marie

Erinnerung an die Düsseldorfer Bücherverbrennung vor 90 Jahren: Am Dienstag, 11. April, las Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Stadt und Land aus den "verbrannten Büchern" vor und gedachte den unter dem Nationalsozialismus diffamierten Autorinnen und Autoren und ihren Werken.

OB Keller eröffnete die Lesung in der Rotunde der Tonhalle mit einem Auszug aus Erich Kästners "Augenzeugenbericht". Als einer der wenigen Autoren hatte Kästner am 10. Mai 1933 in Berlin miterlebt, wie seine eigenen Werke durch Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels ins Feuer geworfen worden waren.

Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: "Während der Bücherverbrennung vor 90 Jahren wurden gesellschaftskritische Autorinnen und Autoren im Dienste des Machterhalts ihrer Worte beraubt. Die Erinnerungen an die Taten von damals dürfen nicht in Vergessenheit geraten, und es ist unsere Aufgabe, uns immer wieder entschieden gegen alle Formen von Unterdrückung und Ausgrenzung zu stellen. Deshalb gedenken wir heute den beraubten Autorinnen und Autoren und geben ihnen eine Stimme."

Düsseldorferinnen und Düsseldorfer aus Stadt und Land, Gesellschaft und Kultur liehen der verbrannten Literatur zum Gedenken an die Bücherverbrennung ihre Stimme, darunter neben Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller auch die stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen Mona Neubaur, Kultur- und Integrationsdezernentin Miriam Koch, die Abgeordneten Andreas Rimkus, MdB, SPD, Peter Blumenrath, MdL, CDU, und Sara Nanni, MdB, Bündnis 90/die Grünen, Superintendent Heinrich Fucks, Evangelische Kirche in Düsseldorf, Agata Skalska, Kreis der Düsseldorfer Muslime, sowie Pater Christoph Bergmann OP, Dominikaner Düsseldorf. Der Holocaust-Überlebende Herbert Rubinstein las aus Jakob Wassermanns "Mein Weg als Deutscher und Jude".

Michael Serrer vom Literaturbüro NRW, Dr. Frederike Krenz von der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und Bezirksbürgermeisterin Annette Klinke moderierten die Lesung und stellten dem Publikum die Autorinnen und Autoren mit kurzen biografischen Skizzen vor. Die Veranstaltung der Bezirksvertretung 1 fand in Kooperation mit dem Literaturbüro NRW e. V. und der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf statt.

Hintergrund
Die erste Düsseldorfer Bücherverbrennung vom 11. April 1933 auf dem Platz vor dem Düsseldorfer Planetarium, der heutigen Tonhalle, war in mehrfacher Hinsicht ein Sonderfall. Nicht nur fand sie fast auf den Tag einen Monat früher als die reichsweiten Bücherverbrennungen des 10. Mai 1933 statt und übernahm somit eine Vorreiterrolle, auch ihre Initiatoren unterschieden sich signifikant: Noch bevor am 12. April der Deutsche Studentenbund mit seinen "12 Thesen wider den undeutschen Geist" eine insbesondere von Studierenden getragene Bewegung initiierte, die in den reichsweiten Bücherverbrennungen im Mai gipfelte, ergriffen in Düsseldorf die Hitlerjugend und die Jugendorganisation des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbands die Initiative. Auch evangelische Jugendbünde folgten dem Düsseldorfer Aufruf und warfen unter großer propagandistischer Inszenierung unter anderem Werke von Erich Maria Remarque und Lion Feuchtwanger ins Feuer. Die Bücherverbrennung des 11. April 1933 war ein erster trauriger "Höhepunkt" der kulturpolitischen "Säuberungen" der Nationalsozialisten in Düsseldorf.

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