Mit einem Positionspapier wendet sich der Kinematheksverbund an die Öffentlichkeit: Die darin versammelten Institutionen fungieren als beliebte außerschulische Lernorte und Ansprechpartner für Schulen und Kindergärten. Um dies weiter auf hohem Niveau gewährleisten zu können, sind umfangreiche Ressourcen, eine deutlich bessere personelle und räumliche Infrastruktur in den Institutionen und Rahmenbedingungen für eine ausreichende Qualifikation - idealerweise in einem eigenen Studiengang - nötig.
1. Die Institutionen des Kinematheksverbunds* sind zentrale Akteure im Bereich Filmbildung und -vermittlung. Jede Filmerbe-Einrichtung ist für sich bereits eine etablierte Institution mit hoher Kompetenz und langjähriger Erfahrung auf diesem Gebiet. Sie bieten auch perspektivisch auf lange Sicht eine personelle und räumliche Infrastruktur für schulische und außerschulische, akademische und inklusive Bildungsprozesse. Die einzelnen Mitglieder bringen außerdem ihr Expertenwissen, ihre Archive und Sammlungen, teilweise auch Rechte an Werken sowie ihre Netzwerke (von Kindergärten, über Schulen, Universitäten bis hin zu Institutionen der Erwachsenenbildung, aber auch zur Filmwirtschaft, Ministerien und anderen Akteuren der Medienbildung) in den Vermittlungsprozess ein.
2. Durch den Zusammenschluss in der AG Filmbildung und -vermittlung wird der Kinematheksverbund im Bildungsbereich auch bundesweit handlungsfähig. In dieser Form kann er gemeinsame Anliegen in der Film- und Medienbildung vorantreiben, Projekte systematisch und nachhaltig konzeptionell entwickeln sowie umsetzen und dadurch Standards in der Filmbildung definieren.
3. Neben dem Sammeln, Bewahren, Erhalten, Präsentieren und Kuratieren sollte die Vermittlung gleichberechtigt im Profil der Einrichtungen des Kinematheksverbunds verankert und präsentiert werden. Denn nur so können Filminstitutionen ihrem Bildungsauftrag angemessen gerecht werden und weiterhin ihr zukünftiges Publikum finden.
4. Filmbildung im Kinematheksverbund geht von den Werken der internationalen Film- und Mediengeschichte aus. Sie setzt sich zum Ziel, Menschen aller Bevölkerungsschichten und Altersgruppen die Begegnung mit diesen Werken zu ermöglichen und damit für kulturelle Teilhabe zu sorgen. Die Institutionen des Kinematheksverbunds wollen Interesse dafür wecken, was Film in Vergangenheit und Gegenwart in all seinen technischen und ästhetischen Erscheinungsformen sein kann. Die Vielfalt von Gattungen und Genres soll sichtbar werden. Zu den Methoden der Auseinandersetzung mit dem Gesehenen gehören aktives Sehen und Sprechen über Film, Diskussionen über filmische Qualität, Analyse und Kontextualisierung sowie die kreative Annäherung an Filmästhetik und produktionsorientierte Filmvermittlung. Eines der Ziele der filmbildnerischen Arbeit ist die Ermächtigung gerade junger Menschen zur bewussten Auswahl aus der Vielfalt des Angebots und zur eigenen Geschmacksbildung. Wir wollen durch ästhetische Bildung Sinne schärfen sowie zeigen, welches Potenzial Film auf sozialer, kultureller und kreativer Ebene für das Leben jedes Einzelnen haben kann. Wir möchten Wissen über Filmerbe und Filmgeschichte und eine generelle Wertschätzung für das Medium und die Kunstform vermitteln sowie für die Komplexität des Produktionsprozesses sensibilisieren. Der Erfahrungsraum Kino ist dabei von besonderer Bedeutung.
5. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Begegnung mit Filmen ebenso wie die mit Werken der Literatur, Musik, der bildenden Kunst und Theater, unser aller Leben bereichert. Die Einrichtungen des Kinematheksverbundes sichern künstlerische Qualität und Vielfalt im Kino sowie deren Erforschung und Darstellung im Rahmen von Präsentationen, Ausstellungen und Publikationen. Pädagogisch gerahmte Besuche von Kinos und Filmmuseen, Ausflüge in die Filmgeschichte und in die Kinematographien der Welt sollten daher gesellschaftlich wie auch politisch als selbstverständlicher Teil von kultureller Bildung anerkannt werden. Auch innerhalb der Medienbildung, die, wie zahlreiche aktuelle Studien zeigen, für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft entscheidend ist, kommt der Filmbildung eine zentrale Rolle zu. Denn Film bleibt auch in der digitalen Welt das Leitmedium. Die Auseinandersetzung mit Mediengeschichte und der historischen Materialität des Films geschieht nicht aus Nostalgie, sondern unterstützt das Verständnis für das bewegte Bild und dessen Relevanz für die gegenwärtige Gesellschaft. Filmbildung baut Brücken vom Filmerbe in die digitale Gegenwart.
6. Der Stellenwert von Filmbildung innerhalb der universitären Filmwissenschaft, an Hochschulen und in der Ausbildung von Pädagog*innen muss deutlich gestärkt werden. Dies wird nicht ohne unsere Erfahrung und Expertise gehen. Da weder die Kunstform Film noch die Medienbildung strukturell in deutschen Schulen verankert ist, kommen den im Kinematheksverbund versammelten außerschulischen Bildungseinrichtungen eine besondere Bedeutung und umfangreiche Aufgaben zu (etwa in der universitären, aber auch in der schulischen Lehreraus- und fortbildung). Um diesen auf hohem Niveau nachkommen zu können, werden umfangreiche Ressourcen benötigt, so auch eine deutlich bessere personelle und räumliche Infrastruktur in den Institutionen. Zudem müssen FilmvermittlerInnen, die Filmwissen und pädagogische Kompetenz vereinen, qualifiziert werden – in unseren Häusern und idealerweise in einem eigenen Studiengang.
7. Die Kinos der Partner im Kinematheksverbund funktionieren seit ihrer Gründung als sozialer und inklusiver Raum, in dem sich facettenreiche gesellschaftliche Gruppen und Communities wiederfinden und sich zugleich „Fenster zur Welt“ öffnen. Überall dort wo keine institutionseigenen Kinos verfügbar sind, ist deren Einrichtung sehr wünschenswert. Denn dieser gemeinsame Erfahrungsraum kann Generationen verbinden und ermöglicht die Auseinandersetzung mit vielfältigen Lebensentwürfen. In unserer Programm- und Vermittlungsarbeit gestalten wir eine interkulturelle, vielfältige und inklusive Gesellschaft mit.
Das Positionspapier wurde verfasst von: Christine Kopf (Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt, Leitung AG), Daniela Dietrich (DIF), Anna Leippe (Haus des Dokumentarfilms Stuttgart), Beate Rabe (Filmmuseum Potsdam), Jurek Sehrt (Museum für Film und Fernsehen Berlin) und Karin Woyke (Filmmuseum Düsseldorf).
* Die Institutionen des Deutschen Kinematheksverbunds sind die Abteilung Filmarchiv des Bundesarchivs, die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen und das Deutsche Filminstitut – DIF / Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main. Kooptierte Partner sind weiterhin CineGraph – Hamburgisches Centrum für Filmforschung, das Filmmuseum Düsseldorf, das Filmmuseum München, das Filmmuseum Potsdam, der Bereich 34, Film, Fernsehen, Hörfunk des Goethe-Instituts sowie das Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart. Gäste sind weiterhin die DEFA-Stiftung, Berlin und die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden.