Spinnenforschung im Aquazoo
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Ihre Netze können bis zu eineinhalb Meter groß sein und ihre Seide ist eine der robustesten im Reich der Spinnen. Nicht selten verenden sogar kleinere Vögel in den Netzen der bis zu sechs Zentimeter langen Seidenspinnen, die weltweit in den Tropen und Subtropen vorkommen. Im Aquazoo ist diese Spinnenfamilie durch die Goldene Seidenspinne (Nephila senegalensis) vertreten - und an ihr wird geforscht. Anna Bartz ist Promotionsstudentin an der Universitätsklinik Bonn und sieht in den Spinnfäden noch ein ganz neues mögliches Anwendungsgebiet.
Während viele der Besucher von der Größe dieser Webspinne fasziniert sind, interessieren sich Wissenschaftler schon lange für ihre Seide. Die Fäden der Seidenspinnen sind elastischer als Nylon und dabei stärker als Stahl. Mögliche Anwendungen eines derart leichten und dennoch robusten Materials finden sich zum Beispiel bei der Herstellung von Schutzwesten oder Kletterseilen. Anna Bartz sieht in den Spinnfäden noch ein ganz anderes mögliches Anwendungsgebiet: Das biologische Material mit seiner natürlichen antibakteriellen Wirkung und der hohen Reißfestigkeit könnte sich hervorragend als strukturelles Gerüst zur Knorpel- und Knochenbildung im Labor eignen. Das sogenannte Tissue Engineering, also das künstliche Anzüchten von Gewebe, findet immer mehr Interesse bei der Behandlung von Arthrose oder bei Belastungsschäden von Gelenken im Leistungssportbereich.
Das Ziel der Doktorarbeit von Anna Bartz besteht darin, eine optimale Matrix auf Basis von Spinnenseidegerüsten zu entwickeln, die geeignet ist, Knochen- und Knorpelersatzmaterial zu züchten. "Die besondere Motivation der Forschungsarbeit liegt darin, dass durch herkömmliche Tissue Engineering-Verfahren bisher noch kein Knorpelersatzmaterial gezüchtet werden kann, das der Qualität des natürlichen Knorpels entspricht. Ich freue mich daher sehr, die Möglichkeit erhalten zu haben, die Spinnen im Aquazoo Löbbecke Museum auf das Potential ihrer Seide untersuchen zu dürfen", sagt Anna Bartz.
Erste Untersuchungen der Promotionsstudentin an der Seide der Aquazoo-Spinnen haben ergeben, dass die physikalischen Eigenschaften der Spinnenseide von der Art des Futters beziehungsweise der Beute abhängen. Während die Achtbeiner zuvor vermehrt mit Fliegen gefüttert wurden, wiesen die Spinnfäden eine eher geringe Reißfestigkeit auf. Das änderte sich schnell nach einer Umstellung des Speiseplans auf große Wanderheuschrecken. Die vielen hundert Spinnentiere des Aquazoo Löbbecke Museum liefern Anna Bartz heute jede Menge Seide, die direkt an den Spinnwarzen der Tiere entnommen wird und auf ihre Eigenschaften als strukturelles Gerüst im Labor überprüft werden kann.