Sachstandsbericht und Einleitung zum Online-Dialog (Teil 1)
Projektstand (August 2024)
Das Projekt befindet sich in der sogenannten „Leistungsphase 0“. Diese Bezeichnung orientiert sich an die in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure definierten Planungsleistungen, die in verschiedenen Leistungsphasen (1 bis 9) zu erbringen sind. Die Leistungsphase 0 zeigt somit an, dass sich das Projekt vor der eigentlichen Planung befindet.
In der jetzigen Phase sind grundsätzliche Projektentscheidungen zu treffen. Um hierfür eine Basis zu schaffen, hat die Landeshauptstadt Düsseldorf bei der Ingenieurgemeinschaft Schüßler-Plan und Hegger + Partner eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Hierbei soll die Frage geklärt werden, wie in Zukunft der Rhein für die verschiedenen Verkehrsarten gequert werden kann.
Insgesamt wurden in den letzten Monaten 26 Varianten auf ihre Machbarkeit hin untersucht. Nach einer groben Vorprüfung und Bewertung kommen letztendlich nur noch vier Varianten ernsthaft in Betracht. Der Bewertungs- und Abschichtungsprozess wird weiter unten noch genauer beschrieben.
Keine weiteren Untersuchungen
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sind keine weiteren Variantenuntersuchungen mehr vorgesehen. Aus Sicht der Verwaltung wurden alle maßgeblichen Varianten für eine Variantenfestlegung im Rahmen der Leistungsphase 0 hinreichend genau untersucht. Eine weitere Detaillierung der verbliebenen vier Varianten ist im Zuge der Machbarkeitsstudie nicht notwendig.
Eine Machbarkeitsstudie ist ein Instrument und gleichzeitig eine Grundlage für die Entscheidung, ob und wie ein Projekt durchgeführt werden kann. Sie ist grob richtungs-weisend für die Durchführung und den Umfang eines Projektes.
Mögliches Aussehen einer neuen Brücke
Das konkrete Aussehen des neuen Brückenbauwerks ist nicht Gegenstand der Leistungsphase 0.
Aufgrund des Aussehens der anderen Brücken der Düsseldorfer Brückenfamilie und der bisher vorliegenden Ergebnisse ist die Errichtung einer Schrägseilbrücke naheliegend.
Schrägseilbrücke ist jedoch nicht gleich Schrägseilbrücke, da auch hier verschiedene Konstruktionen denkbar wären: einhüftig (siehe Rheinkniebrücke, Pylone nur auf einer Rheinseite) oder zweihüftig (siehe Theodor-Heuss-Brücke, Pylone auf beiden Rheinseiten); eine innenliegende Tragseilebene (siehe Oberkasseler Brücke) oder zwei außenliegende Tragseilebenen (siehe Theodor-Heuss-Brücke); harfenförmige Anordnung der Tragkabel oder büschelförmige Anordnung; einteiliger (siehe alle Bauwerke der Düsseldorfer Brückenfamilie) oder zweiteiliger Brückenquerschnitt (siehe neue Rheinquerung Leverkusen), etc..
Das genaue Aussehen kann erst im Rahmen der Vorplanung (Leistungsphase 2) bzw. im Rahmen eines Verfahrens zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Gestaltung vertieft betrachtet und festgelegt werden.
Kostenermittlung
Die Kostenermittlung zu den verschiedenen Varianten erfolgt als „vorläufige Grobkosten-annahme“, die in der jetzigen Leistungsphase 0 natürlich noch erheblichen Schwankungen unterworfen ist.
Die Kosten wurden mittels m²- und m-Preise anhand von aktuell laufenden Großprojekten durch die beauftragten Büros ermittelt. Alle gemachten Angaben verstehen sich als Netto-Preise und beziehen sich auf die Herstellungskosten für die wesentlichen Ingenieurbauwerke. Haltestellen, erforderliche Kanal- und Leitungsbauarbeiten müssen ebenso wie die Planungs- und Gutachterkosten, die zukünftige Preisentwicklung sowie das Risikomanagement zum jetzigen Zeitpunkt unberücksichtigt bleiben.
Erst nach erfolgter Vor- und Entwurfsplanung (Leistungsphasen 2 und 3) lässt sich mit der Kostenberechnung ein stabiler Wert zu den erwartenden reellen Projektkosten angeben. Tatsächlich sieht die Honorarordnung vor, dass das endgültige Architekten- und Ingenieurhonorar auch erst auf Basis dieser Kostenberechnung nach Abschluss der Leistungsphase 3 ermittelt wird.
Im Rahmen der Entscheidungsfindung geht es zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht so sehr um die endgültigen Projektkosten, sondern vielmehr darum, die verschiedenen Varianten in ein Verhältnis zueinander zu setzen.
Unterhaltungskosten
Hier erfolgt ein Rückgriff auf die Ablösungsbeträge-Berechnungsverordnung des Bundes (kurz: ABBV).
In ihr werden für die verschiedenen Bauweisen pauschale Prozentsätze für die jährliche Unterhaltung angegeben, die sich auf die Herstellungskosten beziehen. Die Verordnung findet Anwendung bei Kreuzungsbauwerken unterschiedlicher Straßenbaulastträgern, insbesondere mit der Deutschen Bahn.
Ein Tunnel in geschlossener Bauweise („Bohrtunnel“) mit Entwässerungsanlagen wird beispielsweise jährlich mit 0,9 % und die dazugehörigen betriebstechnischen und verkehrstechnischen Ausstattungen mit 2,0 % der Herstellungskosten angesetzt.
Auszugsweise Darstellung der Vollkosten
Bei der Ermittlung der Vollkosten handelt es sich um eine relativ umfangreiche Berechnung, deren Darstellung den hierfür vorgesehenen Rahmen sprengen würde.
Für den ersten Ratsbeschluss zum Projektstart sind die Herstellkosten der wesentlichen Ingenieurbauwerke sowie die ggf. erforderlichen Rückbaukosten für die Theodor-Heuss-Brücke von Bedeutung, da sich hieraus der Bedarf für die Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 und 2 herleiten lässt. Die Sanierungskosten müssen separat beschlossen werden.
Die Unterhaltungskosten sind zwar auch wichtig, jedoch werden diese durch den Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf nicht „beschlossen“, sondern vielmehr nach Fertigstellung der neuen Querung aus dem laufenden Haushalt entnommen.
Sachstandsbericht und Einleitung zum Online-Dialog (Teil 2)
Bau einer ÖPNV-Trasse
Die Verwaltung erarbeitet derzeit in enger Zusammenarbeit mit der Rheinbahn AG das Zielkonzept Stadtbahn/Straßenbahn, welches neue Streckenerweiterungsmaßnahmen beinhalten soll, die nach fachlicher Bewertung geeignet sind, in angemessenem Umfang Fahrgastpotenziale abzuschöpfen, zusätzliche, nachfragegerechte Kapazitäten im ÖPNV zu schaffen und auf diese Weise die Verkehrswende nachhaltig zu ermöglichen und zu fördern.
Vor diesem Hintergrund wurde mit der sogenannten „Nordtangente“ eine mögliche neue Stadtbahntrasse über die Theodor-Heuss-Brücke identifiziert, die laut Verkehrsmodell-untersuchung ca. 8.700 zusätzliche Fahrgäste pro Tag nutzen würden. Bereits heute ist die Theodor-Heuss-Brücke mit 13 Busfahrten pro Stunde und Richtung eine wichtige ÖPNV-Achse, die angesichts der angestrebten Verlagerungen von MIV-Fahrten auf den ÖPNV an Bedeutung zunehmen wird.
Infolgedessen war für die Erstellung der Machbarkeitsstudie eine Zielvorgabe, den ÖPNV aktiv mitzudenken.
Relevant ist, dass die Prüfung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit der „Nordtagente“ weitere Zeit in Anspruch nehmen wird, die jedoch für die Theodor-Heuss-Brücke aufgrund des schlechten Bauzustands nicht mehr vorhanden ist. Die ÖPNV-Trasse kann entweder sofort als sogenannte „Vorsorgemaßnahme“ mitgedacht werden oder sie wird als „zukünftige Option“ konzipiert, welche optional erst zu einem späteren Zeitpunkt realisiert wird.
Sofern die ÖPNV-Trasse als „Vorsorgemaßnahme“ sofort mit realisiert wird, kann der entstehende Raum, welcher zu einem späteren Zeitpunkt für die Stadtbahntrasse ausgebaut wird, zunächst als Busspur für den wachsenden Busverkehr mitgenutzt werden und schon so zu einer Verbesserung des ÖPNV-Angebotes beitragen. Positiv zu bewerten ist dabei, dass auf diese Weise die ÖPNV-Trasse vergleichsweise kostengünstig realisiert werden kann.
Manche Varianten können zu zwei unabhängigen Projekten aufgeteilt werden (bspw. Projekt 1: Theodor-Heuss-Brücke ohne ÖPNV, Projekt 2: ÖPNV-Trasse als Tunnel). Andere Varianten sind dafür eher ungeeignet. Eine Aussage zur Eignung einer Projektaufteilung erfolgt in der nachfolgenden Variantenbeschreibung.
Länge des ÖPNV-Tunnels
Im rechtsrheinischem Bereich befindet sich das Rampenbauwerk für den ÖPNV-Tunnel auf der Heinrich-Erhardt-Straße ca. Haus-Nummer 20 bis 38, linksrheinisch auf der Brüsseler Straße zwischen Lütticher Straße und Am Strauchbusch.
Die Länge ergibt sich aus der erforderlichen Überdeckung der Tunnelröhre unterhalb des Rheins sowie der empfohlenen maximale Längsneigung von 4 % gemäß der Stadtbahn-Richtlinie, welche Beurteilungsgrundlage für die Planfeststellungsbehörde und den Zuschussgeber ist.
Größere Steigungen von bis zu 6 % sind für die Planfeststellungsbehörde und den Zuschussgeber nur als Ausnahmetatbestand in lokal eng begrenzten Bereichen z.B. bei geometrischen Zwangspunkten denkbar, die zurzeit jedoch nicht erkennbar sind. Die Machbarkeitsstudie hat vielmehr gezeigt, dass eine regelkonforme Realisierung machbar ist.
Bauweise Tunnelbau
Mit dem Tunnelbau wird in erster Linie der Vortrieb mittels Tunnelvortriebsmaschine in Verbindung gebracht. Dies stimmt jedoch nur zum Teil.
In Düsseldorf kommen aufgrund des vorliegenden sandig-kieseigen Untergrunds Vortriebsmaschinen mit Hydroschild zum Einsatz. Bei einem Hydroschild wird die Ortsbrust mit einer Stützflüssigkeit aus Bentonit gestützt, die mittels einem Überdruck in die Abbaukammer und in den Untergrund gepresst wird. Um Ausbläser im Straßenbereich oder im Rhein zu verhindern, ist eine entsprechend hohe Erdauflast notwendig. Im Schnitt wird eine Auflast von dem 1,5 bis 2-fachem Schilddurchmesser notwendig. Um diese durchgängig zu erreichen, sind tiefe Start- und Zielbaugruben für die Vortriebsmaschinen notwendig. Die anschließenden Bereiche bis Geländeoberkannte werden in offener Tunnelbauweise bzw. die Rampen in Trogbauweise konventionell gebaut.
Ein Tunnelbauwerk besteht somit aus den fünf Teilbauwerken Trog und Rampe in offener Bauweise, Bohrtunnel, Trog und Rampe in offener Bauweise.
Für die Trog- und offene Tunnelbauweise sind umfangreiche Baufeldfreimachungen erforderlich. Versorgungsleitungen wie Wasser, Strom, Fernwärme oder Telekommunikationsleitungen sowie Abwasserkanäle sind i.d.R. unmittelbar an die angrenzenden Häuser zu verlegen. Unter Umständen müssen die Häuser mittels Düsenstrahlverfahren hierfür unterfangen werden.
Aufgrund der tiefen Baugruben wird der Verbau mittels Schlitzwände hergestellt. Die Herstellung erfolgt über kranartige Schlitzwandgreifer. Um die Schlitze während des Aushubs zu stützen, werden sie analog zur Ortsbrust im Tunnelvortrieb mit einer Bentonitsuspension gestützt.
Sowohl für den maschinellen Tunnelvortrieb als auch für die Herstellung der Verbaue sind Baustelleneinrichtungsflächen notwendig. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Silos zum Vorhalten des trockenen Bentonits sowie der aufbereiteten Suspension. Ferner sind Separierungsanlagen zum Reinigen und Wiederverwenden des Bentonits vorzuhalten. Für das aus der Suspension separierte Aushubgut und die Tunneltübbinge sind Lagerplätze vorzusehen.
Bauweise Brückenbau
Die hohe Kunst eines Neubaus der Theodor-Heuss-Brücke besteht darin, die Konstruktion und den Bauablauf so zu wählen, dass die äußerst wichtige Verkehrsbeziehung über den Rhein während der Bauarbeiten weitestgehend aufrechterhalten werden kann.
Grob gesagt ist bei den meisten Varianten vorgesehen, den ersten Teil des zweiteiligen Brückenquerschnitts der linksrheinischen Vorlandbrücken sowie der Strombrücke zunächst in provisorischer Seitenlage zu errichten und den Verkehr hilfsweise hierüber zu überführen. Im Rechtsrheinischen funktioniert dieses Prinzip aufgrund der vorhandenen Bebauung nicht. Hier muss die Vorlandbrücke zunächst halbseitig zurückgebaut werden, um ausreichend Platz für den Neubau in der Seitenlage zu schaffen. Der Verkehr muss dann provisorisch über die verbleibende Hälfte der rechtsrheinischen Vorlandbrücke geführt werden.
Während der vorgenannten provisorischen Verkehrsführung können die vorhandenen linksrheinischen Vorlandbrücken und die Strombrücke vollständig zurückgebaut werden. Nach dem Rückbau ist ausreichend Platz vorhanden, um die Unterbauten der Brücke wie Tiefgründung, Pfeiler und Wiederlager zu errichten.
Bei einem zweiteiligen Brückenquerschnitt kann der zweite Teil des Überbaus in der endgültigen Lage hergestellt werden, anschließend erfolgt der Querverschub des in provisorischer Seitenlage hergestellten Überbaus in die Endlage. Bei einteiligen Brückenquerschnitten wird analog ebenfalls ein Querverschub durchgeführt.
Varianten-Bewertung und -Abschichtung
Im gesamten Öffentlichkeitsbeteiligungsprozess wurden 26 Varianten untersucht.
Zahlreiche Varianten wurden in einem ersten Schritt aus geometrischen Überlegungen aussortiert, da diese sich insbesondere im rechtsrheinischen Bereich ohne Rückbau der Wohnbebauung nicht realisieren lassen.
Die Vorstellung dieser Varianten und Erläuterung der Prüfergebnisse erfolgten auf der Infomesse am 17. Juni 2023.
Auf der Infomesse selbst und kurz danach kamen aus der Bürgerschaft weitere Vorschläge, wie der Rhein gequert werden könnte. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch 14 Varianten in der Prüfung. Hiervon wurden im nächsten Schritt sechs Varianten aussortiert, da diese gegenüber den verbliebenen acht Varianten keine wesentlichen Vorteile brachten. Diese übrig gebliebenen acht Varianten wurden intensiv untersucht:
- Variante I: Neubau Brücke zweiteilig mit ÖPNV
- Variante II: Neubau zweiteiliger Brückenquerschnitt als Doppelstockbrücke
- Variante III: Neubau Rad- und Fußwegbrücke mit dreiteiligem Bohrtunnel
- Variante IV: Neubau Bohrtunnel dreiteilig und Erhalt THB für Rad-/Gehweg (kurz: Variante „Denkmal“)
- Variante V: Neubau Tunnel (Schwerlastverkehr, späterer Umbau für ÖPNV), Neubau Brücke (Individualverkehr und Rad-/Gehweg) (kurz: Variante „Zeitspiel“)
- Variante VI: Neubau Tunnel für Individualverkehr, Neubau Brücke für ÖPNV und Rad-/GehwegVariante
- Variante VII: einteiliger Brückenquerschnitt für Individualverkehr und Rad-/Gehweg, später Neubau Tunnel für ÖPNV
- Variante 0: Neubau Brücke einteilig ohne ÖPNV (kurz: Variante „In Anlehnung“)
In einem dritten Schritt, wurden folgende Varianten identifiziert, welche in die engere Wahl kamen:
- Variante I und 0: Diese beiden Varianten sind mit Abstand die wirtschaftlich vorteilhaftesten Varianten und am schnellsten realisierbar. Außerdem scheinen die beiden Varianten auch städtebaulich die einzig akzeptablen Varianten zu sein.
- Variante IV: Dies ist die einzige Variante, die einen Erhalt der Theodor-Heuss-Brücke vorsieht.
- Variante V: Diese Variante stellt einen Kompromiss zwischen Erhalt und Neubau der Theodor-Heuss-Brücke dar. Bei dieser Variante würde das Bestandsbauwerk möglichst lange erhalten und erst sehr spät durch einen Brückenneubau ersetzt werden.
Online-Dialog
Die vier vorgenannten Varianten der engeren Wahl werden im Online-Dialog näher beschrieben und können von allen Bürgerinnen und Bürgern kommentiert werden.
Zudem können alle Bürgerinnen und Bürger Fragen zu jeder einzelnen Variante stellen.